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 Dezember 2009
 
Liebe Freunde!
 
Guatemala ist wie Mexiko ein Land mit uralten Traditionen, aber doch eigenartig und verschieden. Die Zeit, die ich dort verbracht habe, war beeindruckend. Von Anfang an fühlte ich mich im Rahmen des Mojoca-Projektes bei den jungen Menschen vollständig aufgenommen.

Movimiento de Jovenes de la Calle – Mojoca" (= Bewegung der Jugendlichen der Strasse) besitzt in Guatemala City drei Häuser: das "Casa de los amigos", wo die Jungen wohnen, das Haus "8 de Marzo", wo die Frauen und ihre Kinder leben, und das Gebäude "Mojoca", wo unterrichtet wird. - Es gibt viele Jugendlichen, vor allem Frauen mit ihren Kindern, die die Strasse schon verlassen haben und unabhängig leben.
Das Mojoca-Haus befindet sich mitten in der Stadt in der Zona 1, Calle 13, zwischen Av. 2 und 3. Etwa 50 Kinder und Jugendliche gehen dort zur Schule oder besuchen verschiedene Werkstätten, die im Projektrahmen betrieben werden. Die Teilnehmer können sich dort um 0800 und 1300 Uhr verpflegen. Die Atmosphäre im Haus ist sehr angenehm; alles ist sauber und das Essen ist wunderbar. Ich habe oft dort gegessen. Vor allem aber habe ich dort mit den Jugendlichen, die beim Projekt mitmachten, täglich gesungen.

Am 28. Oktober, Tag nach meiner Ankunft habe ich die Vereinigung Mojoca aufgesucht und mich nach Gitarren umgesehen.
Ich habe beim Frühstück vorgesungen und bin später, mit denen, die mitmachen wollten, zusammengesessen und wir haben die Lieder gesungen, die sie gerne lernen mochten.

Meine Tage begannen um 0630. Den Vormittag verbrachte ich bei Mojoca und nachmittags machte ich mich auf die Suche nach Leuten, die ich für das Projekt gewinnen wollte. Vor allem suchte ich einen Musiker, der nach meiner Abreise das Musikprojekt bei Mojoca weiterführen konnte. Dabei begegnete ich Salvador Ovalle. Er ist ein begabter Musiker. Er spielt Gitarre und Orgel, singt und ist auch Komponist. Er liess sich von der Idee, meine Tätigkeit bei Mojoca fortzusetzen, überzeugen und erklärte sich bereit, mit den interessierten Kindern und Jugendlichen weiter zu arbeiten. Ich hoffe, er werde sich bei ihnen ebenso aufgenommen finden, wie es bei mir der Fall war.
Auf meiner Suche bin ich auch auf „La Capilla" (-> www.lacapilla.info) gestossen. Dies ist eine professionelle A-capella Gruppe, welche barocke Musik aus Guatemala singt. Auch sie konnte ich für meine Idee, für Mojoca zu singen, gewinnen.

Mein Mojoca-Chor hat zwei Auftritte gehabt. Der erste Auftritt war super gut und ein eindrückliches Erlebnis für alle Beteiligten; der zweite verlief ziemlich chaotisch. Wir haben auch eine Aufnahme in einem Tonstudio machen lassen; die Aufnahme ist eher witzig als gut. Die unausgeglichenen, nie voraussehbaren Leistungen des Chores überraschten immer wieder; oft mangelte an Aufksamkeit und Gewohnheit, eine andere Ursache ist wohl der wenig gefestigten emotionalen Lage der jungen Sängerinnen und Sänger. Neben super tollen Auftritten gab es Augenblicke, wo bei aufgeregter und chaotischer Stimmung kein Ton richtig getroffen wurde.

Finanziell ist alles wie geplant verlaufen. Mit den Spenden aus meinen Konzerten in Alghero, Rom, Civita Castellana und Basel konnte ich die Ausgaben für den Projektaufbau wie auch für dessen vorläufige Weiterführung decken. Insbesondere kann auch Salvador Ovalle entschädigt werden, der als Berufsmusiker für seine Arbeit bezahlt wird.

Auch nach meinem persönlichen Einblick in die Wirklichkeit des Strassenkinder-Alltags bleibt mir vieles verschlossen und unverständlich. Viele Fragen - auch philosophische - bleiben offen.
Wie in Europa ein Widerspruch zwischen persönlicher Sicherheit und Freiheit auszumachen ist, besteht ein solcher viel ausgeprägter für die Strassenkinder: Der Grausamkeit ihres Schicksals stehen eine uns fremde Freiheit und Ungebundenheit gegenüber. Das Erlebte hat mich tief beeindruckt und wohl auch geprägt. Es fehlen mir heute die Worte, um alles zu beschreiben. Unvergesslich werden mir die festgestellten Gegensätze bleiben: Grosse Tragödie und einfache Freude, Chaos und Strukturen, Regeln und Freiheit, Enge und Phantasie, materielle Beschränktheit und schöpferische Freiheit, Tod und Leben. - Anlass zur Klage steht neben Anlass zur Freude und Hoffnung.

Ich bedanke mich bei Mojoca und Gérard Lutte für ihre Einladung und Gastfreundschaft. Ich habe eine liebe, grosse Familie kennengelernt und neue Freunde gefunden. Ich danke Berta Tobar, bei ihr war ich Gast und fühlte mich zuhause, auch Euch danke ich herzlich für die Spende die dieses Projekt ermöglichte.

Ich wünsche Euch allen eine wunderschöne Weihnachtszeit. Möge Euch das neue Jahr viel Gutes bringen!
Mit lieben Grüssen aus Tepoztlán!  theresia