Lied 1. Papierlose (Fe de Edad)
Ich höre zu, ich laufe,
werde von meinen Träume begleitet
und suche Kartonschachteln zum drin Schlafen.
Mein Hund folgt mir, ich treffe einen Freund und
der Regen soll vorbeiziehen...
Erinnerungen mag ich nicht, ich habe lieber Träume,
sie erwärmen die Seele und bringen mich zum Lachen.
Drogen betäuben das Leben, machen es erträglicher
CHOR:
Gibst du mir ein Dokument mit meinem Namen?
Gibst du mir meine Ausweise?
Meine Mutter kann nicht kommen, um sie zu unterschreiben
und ich weiss nicht, wer mein Vater ist.
Bezahlung kannst du von mir nicht verlangen,
ich habe kein Geld.
Einzig mein Leben und meine Würde kann ich vorweisen.
Solange laufe ich schon in dieser Stadt
Ich bin vierzehn, ich konnte die Jahre zählen!
Ich kenne die Strasse und ihre Brutalität
aber auch ein Leben grosser Freiheit.
Man sagt mir, ich habe auch Rechte,
dass es Gesetze gibt, die für meine Integrität sorgen.
Doch was nützen sie, wenn in Wirklickeit ein
Papierloser keine Rechte hat?
Lied 5. Suyapa (Text von Gerardo Lutte)
Während ich dieses Buch zu Ende schrieb, musste ich zur Kenntnis nehmen, dass du auf grässliche Weise umgebracht wurdest. Vor wenigen Monaten hattest du mir von deinem Leben erzählt, wonach du die Strasse schon verlassen hättest und träumtest, denen zu helfen, die dort noch waren.
„Raub“ nennen sie es, wenn der Arme
Brotkrümel von Gütern zu sich nimmt,
die ihm geraubt worden sind …
Wir schlafen auf Kartons (Pappe) zusammengepfercht,
hast du erzaehlt; wir nehmen Teil an der Freundschaft
gegen die Kälte der Welt und der Nacht.
Refr.
Und als du mir von deinen Projekten erzähltest
mit so vielen Lebenswünschen, unbeugsam,
mutig, mit einem unbestechlichen Willen,
dachte ich von ganzem Herzen,
wie schön es wäre,
eine Tochter wie du zu haben!
Deinen Vater kanntest du nicht,
dein Onkel missbrauchte dich, später
die "Unbekannten", die wir schon kennen...
Dein Traum war zu helfen, damit die Würde der Frau
nicht mehr gedemütigt wird.
Möge die Hoffnung in Guatemala wachsen!
Refr.
Um sicher deine Ziele erreichen zu können,
hattest du entschieden, zum Studium zurückzukehren.
Intensiv lebtest du Suyapa,
mit der beständigen Herausforderung an den Tod.
Respekt und frauliche Sanftheit kanntest du nur von Frauen.
Stolz warst du auf deine Vergangenheit auf der Strasse!
So viel wusstest du vom Leben
mit 17 Jahren!
Lied 6. Es friert die Stadt
Chor:
Es friert die Stadt
Der Regen bedeckt sie unablässig wie mit einem Schleier
Die Luft und der Rauch tanzen
an der Ecke, ohne nass zu werden.
Gesprochen:
Gerade jetzt lebe ich nicht auf der Strasse, die Strasse ist eine sehr harte Erfahrung,
Chor:
weil wir Demütigungen und Misshandlungen erleiden.
Gesprochen:
Viele Personen denken nicht, dass wir menschliche Wesen mit Gefühlen und Träumen sind.
Chor:
Und Träumen… Wir wissen, wofür wir kämpfen, für wen wir kämpfen.
Gesprochen:
Aber auch dies verstehen sie nicht und nennen uns Abfall.
Chor:
Ich bin nicht aus Eigensinn weggelaufen, zu Hause kümmerte sich niemand um mich.
Ich hoffe, du vergisst es nicht.
Gesprochen:
Wenn wir auf der Strasse sind, so ist dies, weil wir kein Zuhause haben,
keine Familie, niemanden, der mit uns redet, uns liebt oder uns versteht.
Chor:
Auf der Strasse finden wir unsere Familie. Wenn wir Hunger haben,
suchen wir Essen auf dem Markt; wenn wir Kleider brauchen,
können wir nicht ins Geschäft gehen, wir haben kein Geld.
Gesprochen:
Darum denken sie, wir seien kriminell.
Chor:
Wir seien Kriminelle.
Lied 7. Ein Kind auf der Strasse (anonymer Text)
Auf den grauen Strassen der Stadt
oder auf den trockenen Böden verlorener Dörfer,
überall treiben sie sich herum zwischen Lastern und Dreck
die schmutzigen kleinen Gesichter mit Augen voller Leid,
leeren Händen, düsteren Träumen;
Schon in jungen Jahren gelähmt entdecken sie
eine egoistische Welt voll Ehrgeiz und Tod,
die sie ihrem ungewissen Schicksal überlässt.
Welche Schande ich empfinde, Teil
einer Gesellschaft zu sein, die nichts teilt,
die eintaucht in ihre Welt von absurden Werten,
diese Kinder vergisst, die das Bollwerk
einer zukünftigen Welt mit besseren Menschen sind!
Welche Schande ich empfinde, dass ich die
die Komplizenschaft nicht bemerke, durch die ich schuldig bin!
Weil wir nichts tun, um für das Recht dieser Kinder,
die um Erbarmen flehen, zu kämpfen.
Wenn sie Leim schnüffeln, dann nur um zu vergessen,
dass sie für diese grausame Gesellschaft eine Schande sind!
Wir sind schuld an ihren verletzten Seelen,
ihren geballten Fäusten, ihrer Aggressivität,
wenn sie nie ein paar befreundete Hände gespürt haben.
Wie kann man von ihnen erwarten, dass sie lieben können?
Welche Schande ich empfinde über so viel Schmutz,
weil ich Ohren habe und diese zarten Stimmen nicht hören kann,
die nach Gerechtigkeit schreien
und die derselbe Gott nicht zu beachten scheint!
Wie traurig, dass der Hunger sie von innen her verbrennt,
dass ihre ausgetrockneten Augen nicht weinen können
und ihre Stimme untergeht wie ein Blatt im Wind,
ungehört von meiner Gesellschaft, die taub ist!
Wie traurig, nur den Himmel als Dach zu haben,
alte Zeitungen um schlafen zu können,
die Kälte, die tief bis auf Haut und Knochen alles durchdringt
in den langen Nächten ihrer Einsamkeit!
Ay, welche Schande ich empfinde, dass ich die Komplizenschaft
nicht bemerke, durch die ich schuldig bin!
Lied 9. Es wird sich ändern!
Auf der Straße wird keine Tür geschlossen,
die Gewalt ist nicht verborgen;
Geh raus und finde die freie Stimme wieder,
die die Gesellschaft uns raubt!
Unsere Stimmen haben Narben,
aber wir lächeln beim Träumen
[und] in einer ehrlichen Freundschaft,
weil wir so die Wahrheit finden!
Der Gesang im Blick eines Kindes,
das ohne Dach in der Stadt schläft,
überbringt die Botschaft
der Veränderung, die wir benötigen.
Und wenn der Lärm und die Hektik um dich herum
nicht zulassen, dass du es hörst,
Geh ruhig raus! Die Hoffnung
und die Trostlosigkeit sind in deiner Stadt unterwegs.
Wer ist zu beurteilen? Wer ist schuld?
Der alte Schmerz, den wir teilen?
Wie eine Krankheit erleben wir ihn,
aber er tötet die Menschlichkeit!
Das Bewusstsein wird von der Gleichgültigkeit,
die wir bekunden, zugedeckt,
aber innerlich wissen wir,
dass die Zeit der Veränderung gekommen ist.
Zuerst kommt der Wunsch, (Wir können den Wunsch suchen)
dann müssen wir handeln;
im Grunde genommen wissen wir,
dass wir es schaffen.